Hochkonjunktur in der Nachkriegszeit

Die Zürcher Ziegeleien feiern 2025 ihr 160-jähriges Bestehen. Grund genug, die Entwicklung des Unternehmens Revue passieren zu lassen. Im fünften Teil unserer Serie «Geschichte der Zürcher Ziegeleien» blicken wir auf die Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg.

Dank der Angliederung der ostschweizerischen Werkgruppe in die Zürcher Ziegeleien war es vermehrt möglich geworden, die einzelnen Fabriken in der Herstellung der verschiedenen Produkte zu spezialisieren. Gleichzeitig erwog man die Einrichtung einer Versuchs- und Forschungsstelle, von der man sich eine Rationalisierung des Arbeitsvorgangs und eine Qualitätssteigerung der Fabrikate versprach. Dieser Plan konnte allerdings erst nach dem Krieg mit der Eröffnung eines eigenen Prüfungs- und Entwicklungslaboratoriums in Heerbrugg verwirklicht werden.

Geschichte Testlaboratorium 1
Geschichte Testlaboratorium 2
Geschichte Werk Tiergarten
In der Nachkriegszeit wurde nicht nur eine eigene Versuchs- und Forschungsstelle eingerichtet, sondern auch die Werke umfassend erneuert. Im Bild das Werk Tiergarten in den 1960er-Jahren.

Diversifizierung und Modernisierung

Mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs zog die Nachfrage auf dem Baumarkt in bis dato unbekanntem Ausmass an. Die Zürcher Ziegeleien nutzten diese Phase anhaltend guter Konjunktur, um ihr Geschäft zu diversifizieren und die Produktionsanlagen zu modernisieren. Mit der Diversifizierung in angrenzenden Gebieten der Baumaterialproduktion weitete das Unternehmen seine Geschäftstätigkeit aus. Unter Beibehaltung der Backstein- und Ziegelfabrikation wurden unter anderem Beteiligungen an Firmen aus den Bereichen Isoliermaterialien, Zementwaren, Gasbeton, vorgespannte Balkendecken und Betonelemente aufgebaut.

Geschichte Zürcher Ziegeleien Favre & Cie. AG
Die von den Zürcher Ziegeleien erworbene Favre & Cie. AG in Wallisellen war auf die Herstellung von Betonröhren und Zementwaren spezialisiert.
Geschichte Zürcher Ziegeleien Arbeiter 2
Geschichte Zürcher Ziegeleien Arbeiter
Vom Abbau bis zur Produktion war der Betrieb noch lange von Handarbeit geprägt.

Die zunehmende Nachfrage, aber auch der chronische Arbeitermangel machte den Bau neuer rationeller und weitgehend mechanisierter Werke unumgänglich. Eine neue Phase intensivster Modernisierung der Produktionsanlagen setzte ein. Als erstes neues Werk nach dem Krieg wurde 1946 die Backsteinfabrik Tiergarten III erstellt. Im Jahre 1954 folgte die Neuanlage von Istighofen II. Die 1958 erbaute Backstein- und Deckensteinfabrik in Bois-Genoud war das erste mit einem sogenannten Tunnelofen ausgerüstete Werk.

Auf Grund der positiven Erfahrung mit den neuen Produktionsanlagen wurde 1961 das neue Werk Rafz Il erstellt, in welchem unter anderem der rote Sichtbackstein produziert wurde. Bereits 1963 wurde ein zusätzliches Backsteinwerk in Istighofen erstellt, fünf Jahre später wurde eine neue Backsteinanlage in Tuggen eröffnet. Mit den modernen Werken gelang es vor allem, den Arbeitsablauf zu rationalisieren. Zugleich erhöhten die neuen Anlagen die Produktionskapazität und ermöglichten eine Verbesserung der Qualität sowie eine Erweiterung des Sortiments.

Geschichte Zürcher Ziegeleien Tunnelofen Rafz
Blick auf den neuen Tunnelofen im Werk Rafz.

Schritte ins Ausland

Im Jahr 1958 wagen die Zürcher Ziegeleien erstmals den Schritt ins Ausland. In Deutschland übernahm das Unternehmen eine Mehrheitsbeteiligung am Ziegelwerk Mühlacker mit Standorten bei Pforzheim und in Schwenningen. Die beiden Werke produzierten zusammen jährlich rund 90 000 Tonnen Ziegelwaren. Zwei Jahre später folgt mit der Beteiligung an der norditalienischen Società Azionaria Laterizi Piemonte (SALPI) erneut eine Übernahme im benachbarten Ausland. Ziel dieser Übernahmen war es, einen direkten Kontakt mit der angestammten Branche in unmittelbar benachbarten Auslandgebieten herzustellen.

Geschichte Zürcher Ziegeleien Mühlacker
Übersicht über das Ziegelwerk Mühlacker.
Werbung Kampagne Wolgensinger
In der Nachkriegszeit versuchten sich die Zürcher Ziegeleien mit neuen Formen der Werbesprache. Produktfotografie des bekannten Fotografen Michael Wolgensinger.

Casa Binz

In den Ziegeleien waren Fremdarbeiter keine Seltenheit. Während des Zweiten Weltkriegs waren zeitweise polnische Internierte in den Ziegeleien tätig. Nach dem Krieg wurden vermehrt italienische Arbeitskräfte beschäftigt, deren Zahl bis 1961 auf 220 anstieg, was rund einem Drittel der Belegschaft entsprach. Im Bestreben, ihren Arbeitnehmern gute Arbeits- und Lebensbedingungen zu bieten, errichteten die Zürcher Ziegeleien in Partnerschaft mit dem Bauunternehmen Locher im Jahr 1960 die «Casa Binz». Damit war die ZZ eines der ersten Unternehmen in der Region Zürich, die ihren alleinstehenden, ausländischen Arbeitnehmern bezahlbare Unterkünfte zur Verfügung stellen. Die Kosten pro Bett und Monat beliefen sich auf 90 Franken.

Geschichte Zürcher Ziegeleien Casa Binz

Die Tonwarenfabrik Laufen wagte in der Nachkriegszeit ebenso Schritte ins Ausland. In Brasilien wurde eine Plattenfabrik mitaufgebaut, in Deutschland die Tonwarenwerke Kandern übernommen. Ende der 1960er-Jahren genügte das bestehende Stammwerk nicht mehr den Anforderungen. 1966 entstand südöstlich der Bahnlinie ein neues und modernes Ziegel- und Backsteinwerk.

Neues Werk Laufen

Verwendete Quellen:

- Zürcher Ziegeleien 1912 – 1962, Festschrift. Zürcher Ziegeleien, 1962
- Die Zürcher Ziegeleien gestern, heute, morgen. Zürcher Ziegeleien, 1987
- Jurablätter, 54. Jahrgang, Heft 9, September 1992
- Loslassen und anpacken. Hundert Jahre Wandel und Innovation. Von den Zürcher Ziegeleien zur Conzzeta. Karl Lüönd, 2012
- Bildarchiv der ETH-Bibliothek
- Baugeschichtliches Archiv der Stadt Zürich
- Bibliothek und Archiv Aargau – Staatsarchiv Ringier Bildarchiv, Walter Rutishauser

Serie «Geschichte der Zürcher Ziegeleien»

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