Die Zürcher Ziegeleien feiern 2025 ihr 160-jähriges Bestehen. Grund genug, die Entwicklung des Unternehmens Revue passieren zu lassen. Im fünften Teil unserer Serie «Geschichte der Zürcher Ziegeleien» blicken wir auf die Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg.
Hochkonjunktur in der Nachkriegszeit
Dank der Angliederung der ostschweizerischen Werkgruppe in die Zürcher Ziegeleien war es vermehrt möglich geworden, die einzelnen Fabriken in der Herstellung der verschiedenen Produkte zu spezialisieren. Gleichzeitig erwog man die Einrichtung einer Versuchs- und Forschungsstelle, von der man sich eine Rationalisierung des Arbeitsvorgangs und eine Qualitätssteigerung der Fabrikate versprach. Dieser Plan konnte allerdings erst nach dem Krieg mit der Eröffnung eines eigenen Prüfungs- und Entwicklungslaboratoriums in Heerbrugg verwirklicht werden.



Diversifizierung und Modernisierung
Mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs zog die Nachfrage auf dem Baumarkt in bis dato unbekanntem Ausmass an. Die Zürcher Ziegeleien nutzten diese Phase anhaltend guter Konjunktur, um ihr Geschäft zu diversifizieren und die Produktionsanlagen zu modernisieren. Mit der Diversifizierung in angrenzenden Gebieten der Baumaterialproduktion weitete das Unternehmen seine Geschäftstätigkeit aus. Unter Beibehaltung der Backstein- und Ziegelfabrikation wurden unter anderem Beteiligungen an Firmen aus den Bereichen Isoliermaterialien, Zementwaren, Gasbeton, vorgespannte Balkendecken und Betonelemente aufgebaut.



Die zunehmende Nachfrage, aber auch der chronische Arbeitermangel machte den Bau neuer rationeller und weitgehend mechanisierter Werke unumgänglich. Eine neue Phase intensivster Modernisierung der Produktionsanlagen setzte ein. Als erstes neues Werk nach dem Krieg wurde 1946 die Backsteinfabrik Tiergarten III erstellt. Im Jahre 1954 folgte die Neuanlage von Istighofen II. Die 1958 erbaute Backstein- und Deckensteinfabrik in Bois-Genoud war das erste mit einem sogenannten Tunnelofen ausgerüstete Werk.
Auf Grund der positiven Erfahrung mit den neuen Produktionsanlagen wurde 1961 das neue Werk Rafz Il erstellt, in welchem unter anderem der rote Sichtbackstein produziert wurde. Bereits 1963 wurde ein zusätzliches Backsteinwerk in Istighofen erstellt, fünf Jahre später wurde eine neue Backsteinanlage in Tuggen eröffnet. Mit den modernen Werken gelang es vor allem, den Arbeitsablauf zu rationalisieren. Zugleich erhöhten die neuen Anlagen die Produktionskapazität und ermöglichten eine Verbesserung der Qualität sowie eine Erweiterung des Sortiments.

Schritte ins Ausland
Im Jahr 1958 wagen die Zürcher Ziegeleien erstmals den Schritt ins Ausland. In Deutschland übernahm das Unternehmen eine Mehrheitsbeteiligung am Ziegelwerk Mühlacker mit Standorten bei Pforzheim und in Schwenningen. Die beiden Werke produzierten zusammen jährlich rund 90 000 Tonnen Ziegelwaren. Zwei Jahre später folgt mit der Beteiligung an der norditalienischen Società Azionaria Laterizi Piemonte (SALPI) erneut eine Übernahme im benachbarten Ausland. Ziel dieser Übernahmen war es, einen direkten Kontakt mit der angestammten Branche in unmittelbar benachbarten Auslandgebieten herzustellen.


Casa Binz
In den Ziegeleien waren Fremdarbeiter keine Seltenheit. Während des Zweiten Weltkriegs waren zeitweise polnische Internierte in den Ziegeleien tätig. Nach dem Krieg wurden vermehrt italienische Arbeitskräfte beschäftigt, deren Zahl bis 1961 auf 220 anstieg, was rund einem Drittel der Belegschaft entsprach. Im Bestreben, ihren Arbeitnehmern gute Arbeits- und Lebensbedingungen zu bieten, errichteten die Zürcher Ziegeleien in Partnerschaft mit dem Bauunternehmen Locher im Jahr 1960 die «Casa Binz». Damit war die ZZ eines der ersten Unternehmen in der Region Zürich, die ihren alleinstehenden, ausländischen Arbeitnehmern bezahlbare Unterkünfte zur Verfügung stellen. Die Kosten pro Bett und Monat beliefen sich auf 90 Franken.

Verwendete Quellen:
- Zürcher Ziegeleien 1912 – 1962, Festschrift. Zürcher Ziegeleien, 1962
- Die Zürcher Ziegeleien gestern, heute, morgen. Zürcher Ziegeleien, 1987
- Loslassen und anpacken. Hundert Jahre Wandel und Innovation. Von den Zürcher Ziegeleien zur Conzzeta. Karl Lüönd, 2012
- Backsteinstadt Zürich, Der Sichtbackstein-Boom zwischen 1883 und 1914, Wilko Potgeter und Stefan M. Holzer, 2021
- Baugeschichtliches Archiv der Stadt Zürich
- Bibliothek und Archiv Aargau – Staatsarchiv Ringier Bildarchiv, Walter Rutishauser