Wilde Karte #08 Finalist: Ewa Kaszuba

Ewa Kaszuba pendelt leichtfüssig zwischen unterschiedlichen Orten, Tätigkeiten und Bauaufgaben. Nun will sie als selbständige Architektin in Zürich Wurzeln schlagen.

Im Gemeinschaftsbüro auf dem Zürcher Binz-Areal drückt die Sommerhitze bereits um 10 Uhr. Sie sei eben erst hier eingezogen, erklärt Ewa Kaszuba ihren halbwegs eingerichteten Arbeitsplatz. Das vergangene Jahr verbrachte die Zürcher Architektin mit polnischen Wurzeln mehrheitlich in Philadelphia, wo sie zusammen mit Pascal Flammer ein Design-Studio an der University of Pennsylvania leitete. «Jetzt will ich erst mal hier bleiben und mich auf meine selbständige Tätigkeit konzentrieren», sagt sie – wohl auch, um sich selbst in dieser Absicht zu bestärken: In der Vergangenheit war Kaszuba oft in Bewegung. Ans Gefühl der Sesshaftigkeit muss sie sich erst wieder gewöhnen.

Wilde Karte #08 Finalist Ewa Kaszuba

In die Schweiz verschlug es die gebürtige Warschauerin erstmals 2014. Nach ihrem Bachelor-Abschluss an der Technischen Universität Warschau arbeitete sie während zweier Jahre bei Herzog & de Meuron in Basel. Für das Master-Studium zog sie nach Mendrisio, danach folgten Stationen bei Vantieghem Talebi, Hosoya Schaefer und schliesslich Pascal Flammer. In den etablierten Büros faszinierte sie besonders die Arbeit an komplexen Projekten: ein Museum in Hong Kong, die Talstation Chäserrugg, die Erweiterung des Hamburger Hauptbahnhofs, Wettbewerbe zu Kultur- und Krankenhäusern. Es sind solche grossen Bauaufgaben, auf die Kaszuba auch mit ihrem eigenen Büro linst, zumindest langfristig. Der Sprung in die Selbständigkeit gelang ihr allerdings mit einem weitaus kleineren Projekt: Im Kurort Konstancin nahe Warschau baute sie bis 2024 ein Wohnhaus für ein pensioniertes Ehepaar.

Ambitioniertes Erstlingswerk

Wo heute Ewa Kaszubas «Haus für Ela» steht, existierte bis vor wenigen Jahren eine für Konstancin-Jeziorna typische Villa aus dem 19. Jahrhundert: charmant, doch zu heruntergekommen, um saniert zu werden. Damit sie das Erscheinungsbild im Kontext des öffentlichen Raums nicht erheblich verändern musste, positionierte Kaszuba den Neubau an ähnlicher Stelle auf dem bewaldeten Grundstück und gab ihm zur Strasse hin vergleichbare Abmessungen. Was Aussenstehenden weitgehend verborgen bleibt: Im Gegensatz zum Vorgängerbau hat das ‹ Haus für Ela › keinen rechteckigen, sondern einen V-förmigen Grundriss. Mit dem weissen Verputz, den vereinzelten Fensterausschnitten und minimalistischen Details wirken die nach aussen gerichteten Fassaden introvertiert, fast kühl. Und sie erinnern an modernistische Villen, die in der nahen Umgebung ebenfalls zu finden sind.

Wilde Karte #08 Finalist Ewa Kaszuba

Im Kontrast dazu öffnet sich das Haus nach innen zum intimen Gartenhof. Zahlreiche raumhohe Fenster, massive Stützen und Laubengänge aus Lärchenholz verleihen den Fassaden Wärme und Wohnlichkeit. Beeindruckend sind die sorgfältigen Details und die hohe Ausführungsqualität – Merkmale, die sich auch durch die eleganten Innenräume ziehen. Beeindruckend auch deshalb, weil Kaszuba ihr Erstlingswerk vom Entwurf bis zur Ausführungsplanung im Alleingang gestemmt hat; nur bei der Baueingabe holte sie sich Unterstützung durch einen Kollegen.

Wilde Karte #08 Finalist Ewa Kaszuba
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Wann Kaszuba wieder auf der Baustelle stehen wird, ist noch offen. «Es schwirren viele Themen herum, doch das Meiste ist in der Schwebe», sagt sie. Zuerst stünden Wettbewerbe in Kollaboration mit Kolleginnen und Freunden an. Sie könne sich auch vorstellen, mittelfristig neben der eigenen Praxis wieder zu unterrichten. «Vielleicht in der Schweiz», fügt sie an und lacht. Sesshaftigkeit ist das eine – Ruhe wird bei Ewa Kaszuba vorerst nicht einkehren. 

In Zusammenarbeit mit Hochparterre und MHZ Hachtel & Co AG.

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