Die Zürcher Ziegeleien feiern 2025 ihr 160-jähriges Bestehen. Grund genug, die Entwicklung des Unternehmens Revue passieren zu lassen. Im sechsten Teil unserer Serie «Geschichte der Zürcher Ziegeleien» berichten wir über die Ölkrise und ihre Folgen.
Diversifikation in der Krise
Nach den äusserst erfolgreichen 1960er-Jahre waren die Zürcher Ziegeleien hervorragend aufgestellt, sie wuchsen quasi mit dem Markt einfach mit. Das Unternehmen hatte in verschiedene Bereiche des Baugewerbes diversifiziert und umfasste damals rund zwei Dutzend selbstständige juristische Personen und ein Mehrfaches an Betriebsstätten. Mit ihrem umfassenden Grundbesitz in teilweise besten Lagen verfügten der Betrieb ausserdem über wichtige Reserven. Anfang der 1970er-Jahre meldeten die Zürcher Ziegeleien wiederholt ein rekordhohes Umsatzwachstum. Doch es sollten dies vorerst die letzten goldenen Jahre des Unternehmens gewesen sein.
Ölkrise
In Folge des Jom-Kippur-Kriegs brach 1973 die Ölkrise aus. Zahlreiche Erdöl produzierende Staaten drosselten im Zuge der Auseinandersetzung die Förderung des eminent wichtigen Rohstoffs. Die Krise hatte gravierende Auswirkungen und löste in den Industrieländern schwere Rezessionen aus. 1975 brachte der Konzernumsatz der Zürcher Ziegeleien um über 30 Prozent ein, zum ersten Mal seit Langem schloss man mit roten Zahlen ab.


Die Zürcher Ziegeleien versuchten mit verschiedenen Massnahmen Gegensteuer zu geben. Da das Energiesparen und damit die Isolation in Folge der Krise zum dominierenden Thema der Bauindustrie wurde, baute das Unternehmen entsprechende Positionen auf. 1974 wurde die Wancor AG als Tochterfirma der Zürcher Ziegeleien gegründet. Das Unternehmen belieferte die Muttergesellschaft und später auch andere Kunden mit Dämmstoffen. Durch die Beteiligung an der Marmoran AG im Jahre 1975 konnte die Produktpalette im Verputzsektor erweitert werden.
Verwertung der Landreserven
Aus den stillgelegten Lehmgruben waren im Lauf der Jahre höchst begehrte Areale für den Wohn- und Geschäftsbau geworden. Die Verwertung dieser Reserven sorgte für willkommene Einnahmen. 1970 übernahm die damalige Schweizerische Kreditanstalt das Hanggrundstück Üetlihof der Grube Giesshübel und realisierten das modernste Verwaltungsgebäude der Schweiz. Das letzte Werk in der Stadt Zürich im Tiergarten wurde 1974 geschlossen, die industrielle Produktionen von Backsteinen und Ziegeln verschwand aus der Stadt. Jahre später entwickelten die Zürcher Ziegeleien auf dem Areal die Tiergartensiedlung.


Mit dem Eintritt von Jacob Schmidheiny III. in die Konzernleitung des Unternehmens 1977 änderte sich die strategische Ausrichtung. Da im traditionellen Baugeschäft die Zukunftsaussichten als schwierig beurteilt wurden, konzentrierten sich die Wachstumsschritte über die Baubranche hinaus. 1980 wurde die Fritz Nauer AG – spezialisiert auf die Herstellung von Schaumstoffen – übernommen. Es erfolgte die Akquisition der Arova-Mammut AG in Lenzburg, die Seilwaren und Gurte für den industriellen und den privaten Bereich herstellte. Ebenfalls in den 1980er-Jahre wurde die auf die Produktion von Baufarben und Lacken spezialisierte Firma Schmid Rhyner übernommen.
Während die Firma in den neuen Bereichen stark wuchs, wurde im angestammten Geschäft versucht, mit Modernisierungen die Wende zu schaffen. Dies führte unter anderem zur Inbetriebnahme des neuen Tondachziegelwerkes in Istighofen 1981, der erneuerten Ziegelei Rafz 1985 und der umgebauten Ziegelei in Mühlacker 1986. Auf Höhe der ehemaligen Produktionsanlagen Giesshübel entstand in den 1980er-Jahre ausserdem ein elegantes Geschäftshaus als neuer Hauptsitz der Zürcher Ziegeleien.




Spätestens in den 1990er-Jahre stand für die Verantwortlichen fest, dass die Zürcher Ziegeleien in ihrem angestammten Geschäft nicht einfach ein konjunkturelles, sondern ein langfristiges strukturelles Problem hatten. Es wuchs die Erkenntnis, dass es am sinnvollsten sein würde, die beiden Geschäfte zu trennen. Erste Kontakte mit der österreichische Gruppe Wienerberger AG, die 1997 bereits den Geschäftsbereich Grobkeramik der Tonwarenfabrik Laufen AG übernommen hatte, entstanden. 1999 folgte schliesslich die Trennung. Die von der traditionellen Baustoffindustrie unabhängigen Gruppe trat neu unter dem Namen Conzzeta auf, während Wienerberger, der grösste europäische Ziegelhersteller, das Ziegelgeschäft übernahm.
Verwendete Quellen:
- Zürcher Ziegeleien 1912 – 1962, Festschrift. Zürcher Ziegeleien, 1962
- Die Zürcher Ziegeleien gestern, heute, morgen. Zürcher Ziegeleien, 1987
- Loslassen und anpacken. Hundert Jahre Wandel und Innovation. Von den Zürcher Ziegeleien zur Conzzeta. Karl Lüönd, 2012
- Baugeschichtliches Archiv der Stadt Zürich
- Bildarchiv der ETH-Bibliothek




